Swan 441 R Best Buddies

Diese Swan von 1979 hat ein ereignisreiches Logbuch mit bemerkenswerten Regatten, einem Dutzend Atlantiküberquerungen und ein viel beachtetes Refit hinter sich. Nach dem Motto „es gibt keine alten Porsche, nur neue Besitzer“ ist sie ein Beispiel dafür, was sich aus einem guten Schiff machen lässt.

Mittschiffs breite und achtern eingeschnürte, auf zahlreiche Crew angewiesene Boote der International Offshore Rule haben keinen besonders guten Ruf. Mit ihren riesigen Genuas und ebensolchen, am Top gesetzten Spinnakern werden sie ab frischem Wind nur von versierten Seglern ohne den gefürchteten Sonnenschuss über die Regattabahn gebracht. Hinzu kommt, dass IOR Boote seit dem fürchterlichen Fastnet Race von 1979 als nicht besonders seetüchtig gelten.

Genau dieses hat die seit 1997 dunkelblaue Ron Holland Swan vom Typ 441 R namens „Best Buddies“ hinter sich. Die entsetzliche  Regatta durch die chaotische irische See absolvierte sie gleich in ihrer ersten Saison als „Milene IV“. Atlantiküberquerungen, Chartertörns, Eignerwechsel, eine vielbeachtete Verwandlung in einem Cruiser-Racer und ein neues Leben als begeistert in norddeutschen, dänischen und englischen Gewässern gesegeltes Regattaboot stehen in ihrem Logbuch.

Die „Best Buddies“ ex. „Pepsi“, ex „Leda IV“, ex. „Milene IV“ ist eine vom souveränen Admiral’s Cup Sieger „Marionette“ von 1977 inspirierte Ron Holland Konstruktion. Der Wahlire zeichnete nach Sparkman & Stephens eine Weile für die finnische Nautor Werft, insgesamt fünf Typen, darunter die Swan 441. Sie entstand 1978 bis ‘82 vierzig Mal mit dem Nautor-typisch keilförmig aus dem Deck ansteigenden Aufbau, außerdem fünf Mal als Swan 441 R (wie Racing) als Glattdecker und leichtere Version ohne Teakbelag. Bei „Milene IV“ handelt es sich um die Baunummer drei dieser Regattaedition.

Nach dem Fastnet Race ist ihr erster Eigner namens Mirlesse erst mal vom Segeln bedient. Er verkauft das Boot an einen Holländer, der es „Pepsi“ nennt. Bald übernimmt der passionierte Berliner Segler Peter Lühr das Schiff. Als „Leda IV“ ist es abwechselnd in der Karibik und im Mittelmeer als Charterboot unterwegs. 13 Atlantiküberquerungen absolviert sie mit ihrem spartanischen wie funktionalen Interieur. Es besteht aus einer Naviecke unter dem Brückendeck, acht Rohrkojen im hinteren Drittel des Schiffes, einem Toilettenraum und Pantry hinter dem Mast. Vor dem Hauptspant ist das Boot leer.

1996 wird Kay-Johannes Wrede im Hamburger Yachthafen in Wedel an der Elbe auf einen sichtlich gebrauchten Cupper mit Ron Holland typischem Heck aufmerksam. Der ehemalige Regattasegler und Bootsbaumeister würde das Boot gern kaufen, sauber machen und segeln. Doch hat er gerade die Zahnärztin Dr. Birgit Susann Eggers geheiratet und die ist von der fixen Idee nicht angetan. Doch wozu hat man gute Freunde, welche die Notwendigkeit solcher Anschaffungen nicht bloß verstehen, sondern ohne großes Federlesen gleich mit finanzieren. Also kaufen Kay Wrede und Frank Buddenhagen das Schiff. Als ehrlicher Gatte unterrichtet Wrede seine Frau sinnvollerweise tagsüber telefonisch über die geschaffene Tatsache.

Die begeisterungsfähige Ehefrau weiß, dass sie einen Segler geheiratet hat, macht das Beste draus und sagt: wenn schon, denn schon. Sie besteht auf einer Generalüberholung. Aus dem Bootskauf wird ein Projekt, und ein Projekt, wenn auch eines mit erfreulich seglerischem Schwerpunkt, ist die Swan bis heute geblieben. Innerhalb eines Vierteljahres ist der betagte Cupper entkernt und mit einem glänzend lackierten Kirschinterieur nach Plänen von Birgit Schnaase und einem von Frank Neubelt überarbeiteten Exterieur mit sechs statt 14 Winschen und einer niedrigen, das breite Deck zierenden Spritzkappe als Schau- und Schmuckstück, als Refit-Visitenkarte der Yachtwerft Wrede in die Messehalle der Hanseboot 1997 gestellt.

Sie begeistert auch einen Stuttgarter Architekten, der sie von 1999 bis 2006 besitzt und dem Ehepaar Dr. Susann und Kay Wrede verkauft. Nach einem zweiten, dem Interieur und der Technik gewidmeten Refit beginnt das eigentliche zweite Leben des aufgemöbelten Swan bei der „Copenhagen Swan Challenge“ 2007.

Dank der freundlichen Aufnahme im Nautor Zirkel und einem ermutigenden Debüt bei den Regatten der Saison gibt es für die Wredes und ihre zügig erweiterte Crew nun kein Halten mehr. „Unser Schwänchen“ erinnert Susann Wrede mit leuchtenden Augen, „kam ins Laufen“. Es wird umgestellt auf honigfarbenes Kevlar, die Garderobe der Profis und angefressener Amateure, die auf der Regattabahn über das olympische Motto „Dabei sein ist alles“ hinaus sind.

Zwar bleibt der Trimm der sogenannten, ihrer Kostspieligkeit halber als „Ming Vase“ bezeichneten Kevlar Genua I vorerst das Geheimnis des Glückstädter Segelmachers Christoph Thomsen (Tommy Sails, vormals Hood Germany), auch beeinträchtigen ein gebrochener Kohlefaserspibaum in der Flensburger Förde oder eine rissige Kielperipherie das Renngeschehen. Solch Malaisen halten die Wredes jedoch nur vorübergehend auf. Beim Fastnet Race, der Eigner Nordwand der Hochsee Segler, ist die elegante dunkelblaue Swan dreißig Jahre nach ihrem Debüt natürlich dabei.

Zum Nahkampf auf der Regattabahn gehört die hart aber fair ausgetragene Fight mit der 48er Sparkman & Stephens Swan „Elan“ von Harald Baum. Da wird natürlich alles gegeben und weil es zu den Spezialitäten der neuerdings wieder gemeinsam an Bord gesichteten Gebrüder Kay und Peter Wrede gehört, nicht nur gut zu starten, sondern praktisch immer Spinnaker zu segeln und das Boot mit einem verwegen tief bis übergeigt gesteuerten Kurs meistens heil zur Leetonne zu bringen, ist die „Best Buddies“ eine ernst genommene Größe auf dem Swan-Parkett.

Zur Saison 2012 ist der betagte und weich gewordene Alumast von Stearns durch einen etwas längeren Hall Spars Karbonmast von ersetzt. Auch am Rating, einem ständig diskutierten Thema an Bord, soll innerhalb eng gesteckter Grenzen etwas getan werden.

Dank Kay Wredes Ok-Jollen, Starboot und „Pinta“ Knowhow und seines Bruders Peter „Saudade“ Praxis greift die Ron Holland Swan an. Wenn es weiterhin so läuft, wird die Admiral’s Cup Edition der Nautor Werft in absehbarer Zeit durch das Mittelmeer pflügen. Groß und auch erfahren genug zum Überführen des Schiffes ist die Crew mittlerweile. Die Copa del Rey, Sardinien und auch das Middle Sea Race locken. Früher hieß es in Zuffenhausen: „Es gibt keinen alten Porsche, nur neue Besitzer“ schwärmen die sechsten Eigner für ihr begeistert gesegeltes und erhaltenes Schiff.

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