Kuba: Sozialismus in Farbe
„Es gibt ein paar Dinge aus der Zeit vor der Revolution, die die Amis schon gut gemacht haben“, erklärt Mario, ein farbig junger Kubaner, mit feierlichem Ernst. Er zeigt auf das 25-stöckige Hochhaus. „Das Habana Libre ist großartig. Wir hatten in den vergangenen Jahrzehnten keine Reparaturen, keinen Ärger, nichts.“ Das Hotel wurde während der Revolution fertig, als die konfektionierten Wohnmaschinen der Moderne auch auf der Zuckerinsel errichtet wurden und ein Hilton her mußte.
Havanna war damals ein karibischer Vorort von Miami. Wer Geld hatte, flog abends aus dem prüden Florida auf einen verlängerten Drink rüber. Die Hauptstadt der größten Antilleninsel war zu Batistas Zeiten im Wesentlichen ein von der Mafia kontrollierter Puff. Das änderte sich, als Castro in einer Suite im 24. Stock des Hilton die Regierungsgeschäfte übernahm. Seitdem heißt es Habana Libre.
Mario sagt „wir“, berichtet von seinem Land. Mario hat in Rostock studiert und freut sich über die Gelegenheit Deutsch zu sprechen. Er zeigt den Pabellón Cuba, einen überdachten, vom Wind durchfächelte Freizeitpark zwischen hohen Betonstelzen. Kinder jeden Alters toben darin herum, veranstalten Wettrennen mit einem selbst gezimmerten Holzroller. Die älteren hocken im Video- oder Computersaal. Viele albern in Gruppen herum. Die allgegenwärtige Musik ist für das Ohr des aus dem fernen Europa angekommenen noch ungewöhnlich, macht das Leben zu einer einzigen Disco. So muß er sein, der Sozialismus. Schön bunt, fröhlich wie ein didaktisch präpariertes Bilderbuch.
Coppelia, der kühn betonierte Tribut an die Begeisterung der Kubaner für Eiskrem, sieht aus wie ein zwischen den Palmen niedergegangenes Ufo, eine Arena im Format eines Boxpalastes. „Früher gab es hier 60 verschiedene Eissorten“, berichtet Mario, „doch leben wir heute in einer besonderen Periode. Wir müssen sparen.“
Auszug aus der Titelgeschichte Kuba des Geo-Reisemagazins. Zur Artikelübersicht