
Eine ernsthafte Sommerträumerei
Der Habsburger Prinz Ludwig Salvator entflieht den Zwängen der Donaumonarchie aufs Mittelmeer. Rastlos reist er, forscht und schreibt und malt – bis er auf Mallorca endlich sein Paradies findet.
„Wenn man von Kuxhafen, wo die mächtig erweiterte Elbe schon meerähnlich erscheint, eine Strecke gegen Norden hinausfährt, so dauert es nicht lange, dass man am fernen Horizont allmählich eine dunkle, noch in märchenhaftem Dunst gehüllte Klippe aus den Wogen aufsteigen sieht.“
Exkursion nach Helgoland
1865 verbringt der 18-jährige Ludwig Salvator Maria Josef Johann Baptist Dominik Rainer Ferdinand Karl Zenobius Anton einen Sommermonat auf Helgoland. Der zweitgeborene Toskanerprinz des Hauses Habsburg-Lothringen reist unter dem Pseudonym Graf von Neudorf. Er beschäftigt sich, „jeden Winkel des kleinen Felseneilandes eifrig durchkriechend“, mit Unterkünften und Lebensweise der Einheimischen, schaut sich die Gestelle zum Trocknen des Fangs und die Herstellung von Fischtran an. Salvator begleitet die Helgoländer auf Haifisch-, Hummer- oder Krebsfang und „genießt jene träumerische Stille und jenes melodische Gefühl innerer Ruhe, das man nur am Meere empfindet“.
Der sensible junge Mann mit den weichen Gesichtszügen hat sein Thema gefunden, das Glück einfachen insularen Lebens. „Man mag wollen oder nicht, man begegnet sich so immer wieder, dass man wie auf einem Schiff schon nach wenigen Tagen jeden einzelnen kennt. Aber gerade dieser Umstand macht mir Inseln und insbesondere kleine so überaus lieb, denn man fühlt sich dort gleich wie zu Hause.“ 1868 veröffentlicht er unter dem Titel „Süden und Norden“ eine vergleichende Betrachtung Valencias mit Helgoland. Es braucht einen gelassen-spielerischen Blick, um eine arabisch geprägte Stadt im Westen Spaniens, wo Mandarinen reifen, dem Nordsee-Eiland gegenüberzustellen, wo bei ruhiger Wetterlage mit klammen Fingern Dorsch und Scholle ins Boot gehoben werden.
Auszug Heft 48, Februar/März 2005