Michael Schmidt baut sein Traumboot
Nach dreijähriger Auszeit macht Hanse Yachts Gründer Michael Schmidt mit einem ungewöhnlichen 80 Füßer von sich reden. Der Prototyp der Brenta 80 mit italienischen Genen wird gerade in einem neuen Betrieb in Greifswald fertig.
Eigentlich wollte Michael Schmidt seit dem Verkauf der Hanse Werft mal aufhören mit arbeiten. Hat er auch. Er segelte im Mittelmeer und Schwarzen Meer, querte den Atlantik und kreuzte in der Karibik. Jetzt ist das Powerhouse der deutschen Yachtbranche wieder da. Erholt treibt Schmidt sein neues Konzept mit bekanntem, bisweilen gefürchtetem Drehmoment voran.
Schmidt kennt praktisch alle Facetten seines Fachs: Von Jollen über die damals wegweisenden kanadischen Cuthbertson & Cassian (C&C) Serienboote, den Bau innovativer Admirals Cupper in den achtziger Jahren bis hin zur Gründung der Hanse Werft 1990 in Greifswald. 1982 wurde in Wedel der Ofen zum Backen von Cuppern wie „Düsselboot“, „Diva“, „Outsider“, „Pinta“ und „Rubin“ warm gemacht. 1985 wurde die Hochseesegel-WM exklusiv mit Schmidts Werftbauten gewonnen.
„Ich habe dann nach Hanse die Marken Fjord, Moody, Dehler und die Varianta frisch vom Stapel gelassen. Jetzt baue ich einfach mal ein schönes Boot ohne Zugeständnisse an den Mainstream für mich, einfach und funktional“ erklärt Schmidt. „Deshalb hat es italienische Gene und ist Made in Germany. Mailand ist das Zentrum der Mode, des Stils. Ich wollte schon immer mit dem mailändischen Designer Brenta arbeiten.“
Gemeinsam mit seinem Kollegen Lorenzo Argento modernisierte Luca Brenta in den Neunziger Jahren den Cruiser Racer. Sie erfanden mit der 25 und 32 m „Wallygator“ die vielbeachteten Wallys. Auch ihre Daysailer vom Typ B-Yachts wurden Trendsetter. Mit „Ghost“ und „Chrisco“ brachten die Mailänder ihre Ästhetik auf den Punkt.
Der gebürtige Engländer Chipperfield richtet die Flagshipstores von Valentino ein, ist als Architekt des America‘s Cup Gebäudes von Valencia, des Folkwang Museum in Essen oder der Museumsinsel in Berlin bekannt. „Es sollte ein zeitgemäßes, mit der Modernität der Brenta Boote korrespondierendes Interieur entstehen, das dennoch komfortabel ist. Abgerundete Ecken, gepolsterte Oberflächen und edle Materialien tragen zu einem eleganten, zugleich behaglichen Ausbau bei“ ergänzt Chipperfield.
Schmidts neues Boot sollte deutlich schneller sein. Deshalb die seglerische Konzeption und der aufwändige Leichtbau. „Ein leichteres Boot ist einfacher und sicherer zu handhaben, weil geringere Kräfte wirken.“ Daher die gewichtsparende, anspruchsvolle Bauweise in zeitgemäßer Faserverbundtechnologie mit einem auf seine Anwendung abgestimmten Materialmix. Die hohe Segeltragezahl von 5,5 spricht für sich.
Ebenso wichtig ist Schmidt auch die zweckmäßige Ausstattung. Das Boot ist betont einfach, nur mit bewährten Komponenten ausgerüstet. „Entbehrliche Spielereien, die es an Bord nicht gibt, muss ich später nicht reparieren“ meint der erfahrene Segler.
Die eigentliche Herausforderung bei diesem Boot sei, es einfach zu machen. Die Abläufe beim Segeln und Bordleben müssten logisch sein. „Einfach ist schwer“ fasst Schmidt zusammen.
Die Brenta 80 ist ein ungewöhnliches Design. Der Clou ist der gestreckte, das Boot zwischen Mast und Achterschiff abdeckende Aufbau. In dieses geduckte Deckshaus eingelassen ist die T-förmige Mittelplicht. Hier lässt sich das Boot einhand vom Rudergänger segeln. Die Plicht punktet mit der Übersicht eines Flushdeckers.
Die mittschiffs und achtern zur umlaufenden Schanz angehobene Bordwand bietet auch ein großes Maß gefühlter Sicherheit. Von der Seite gesehen verschwindet das Deckshaus nahezu ganz hinter der schützend angehobenen Bordwand. Die schwarz gehaltenen Seiten strecken den Aufbau und geben ihm als umlaufendes Band eine moderne Anmutung, passend zur Brenta-typisch aufgeräumten Formensprache.
Die Brenta 80 ist ein klassisches Eignerschiff. Die Eignerkajüte nimmt ein Viertel der verfügbaren Länge unter Deck ein. Im breiten Achterschiff untergebracht gibt es unterwegs auf See oder vor Anker die wenigsten Wassergeräusche. Sie hat einen separaten Eingang und eine eigene Terrasse, wo man sich beim Ankern und Segeln zurückziehen kann.
Die Technik wurde für weltweite Fahrt ausgelegt, möglichst simpel gehalten und nur vernetzt wo es sinnvoll ist. Bis hin zur Auswahl von Tauwerk und Klemmen zeigt sich die langjährige Erfahrung von Projektleiter Andreas Bock. Als Ergebnis einer eigenen Messreihe mit Klemmen und Tauwerk von 2,5 bis 5 t Haltekraft wurde die sicherste und verschleißärmste Kombination ausgesucht.
Gemeinsam mit Bootsbauern befreundeten Bootsbauern der Vilm Werft richtete Schmidt eine kleine feine Manufaktur in seiner Wahlheimat an der Ostsee ein. Zum Team gehören auch langjährige Kollegen wie der versierte Regatta- und erfolgreiche DN-Schlitten Segler Andreas Bock oder Bootsbaumeister Johannes Malzahn.
„Mich interessiert Effizienz, die Zusammenarbeit der besten Zulieferer in der modernen arbeitsteiligen Welt, höchste Kundenzufriedenheit. Deshalb entsteht das Endprodukt an der Ostsee, gebaut von Leuten, die Leidenschaft für Qualität und Liebe zum Bootsbau leben“ fasst Schmidt zusammen.
Der Inbetriebnahme seines Bootes im kommenden Frühjahr möchte Schmidt weitere Exemplare folgen lassen. „Wir bauen Segelyachten bis 115 Fuß, eventuell auch ein Daycruiser Motorboot bis 50 Fuß.“ In jedem Fall soll es bei einer kleinen feinen Yachtmanufaktur bleiben.
Michael Schmidt, der passionierte Segler und Admirals Cup-Bootsbauer kann es eben nicht lassen. Seit er sich als Jugendlicher in einem Keller in Kiel seinen ersten Opti baute, bleibt er bei seinem Thema.
Daten Brenta 80
Konstruktion & Exterieur Luca Brenta & C.
Interieur David Chipperfield
Länge 23,99 m
Breite 6,00 m
Tiefgang (Festkiel) 3,70 m
Freie Segelhöhe 35,20 m
Verdrängung (leer) 32,5 t
Kiel/Ballastanteil 11,6 t/36 %
Dreisalings Karbonmast Axxon Composites
Park Avenue Baum Axxon Composites
Am Wind Besegelung 307 qm
Lattengroß 189 qm North SRPC 109
Selbstwendefock: 118 qm North m. senkr. Latten
Code 0 (rollbar) 230 qm
Gennaker (rollbar) 400 qm
Maschine Yanmar 4LHA STP, 4 Zylinder, 230 PS
Getriebe ZF63A
Generator Fischer Panda – 12 kW, 16 PS
Bugstrahlruder Maxpower VIP 250 – 13,5 kW, 18 PS
Dieseltank 2 x 450 l
Frischwasser 4 x 215 l
Wassermacher Seafari Escape 24 90 l/Stunde
Grauwasser 3 x 16 l
Schwarzwasser 2 x 60 l, 2 x 25 l, dezentral an jedem WC
Rumpfgeschwindigkeit 12 kn
Segeltragezahl (32,5 t) 5,5
Pressemittelung für Michael Schmidt Yachtbau (heute Y-Yachts) 2015