Wie Albert Obrist die Segelyacht Altaïr erhielt
Er wolle gern einen Satz Baumwollsegel haben, erkärte ein bedacht seine Worte wählender Schweizer mittleren Alters zu Besuch bei Ratsey & Lapthorn am Medina River in Cowes. Seit 1790 werden hier die Segel für das Königreich genäht. Als Viscount Horatio Nelson die spanisch-französische Flotte Napoléon Bonapartes vor Kap Trafalgar in der alles entscheidenden Seeschlacht anno 1805 in die Flucht schlug, hatte er Flachs der Marke Lapthorn unter den Rahen hängen.
Segler entdecken die verlorene Zeit
Seitdem schneidern Generationen von Segelmachern im Auftrag einer namhaften Kundschaft: für den segelnden König Georg V., den Weltumsegler Sir Francis Chichester, den griechischen Reeder Stavros Niarchos, für Avvocato Agnelli, Maurizio Gucci oder Baron de Rothschild. Nur war keiner dieser Kunden auf die Idee gekommen, den Handwerkern des Traditionsbetriebes zu erklären, wie die Arbeit auszuführen sei. Niemand geht zu John Lobbs in die Londoner Bond Street und erläutert beim Vermessen des Fußes, wie, aus welchem Leder, mit welchem Garn die Schuhe zu machen seien.
Wenn es, bitteschön, gehe: aus ägyptischem, am besten sudanesischem Cotton. Sechshundert Quadratmeter in schmalen Bahnen. Mit der Hand genährt. Wie früher eben, wünschte der Baseler Geschäftsmann Albert Obrist. Im Unterschied zum in den dreißiger Jahren üblichen Mako, einer lehnigen Baumwollqualität von ägypischen Feldern, ist das Naturprodukt aus dem Sudan härter in der Faser.
Nun ist manche Idee, die für viele Briten unnötigerweise vom europäischen Festland zum Mainland der Angeln und Sachsen vordringt, dem Commonwealth suspekt. Auf der Isle of Wight, wo die Uhr nochmals etwas anders geht, erscheint sie skurril – wie die phantastische Idee des Schweizers, wider alle Vernunft den obsoleten Stand der Technik aus den dreißiger Jahren hervorzukramen.
Auszug FAZ Magazin 923. Mehr über den Hausrestaurator Albert Obrist, Interview zum Thema Bewahren statt Umbauen.
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